Was braucht es um... das Seven Serpents zu gewinnen? Ein Interview mit dem Ultradistanz-Nachwuchstalent Justinas Leveika

Was braucht es um... das Seven Serpents zu gewinnen? Ein Interview mit dem Ultradistanz-Nachwuchstalent Justinas Leveika

14/07/2023

Der Litauer Justinas Leveika, 34, der hauptberuflich in Norwegen ein Pflegeheim leitet, sorgt seit gut einem Jahr für Wirbel in der Ultracycling-Szene. Mit der Teilnahme an seinen ersten unsupported Rennen heimste er fast nur Siege und Podiumsplätze ein, zum Beispiel beim Transpyrenees, Race Around Rwanda, Dales Divide, Atlas Mountain Race oder Seven Serpents. Gerade erst errang er einen zweiten Platz bei der berühmt-berüchtigten Tour Divide. Ein Ultracycling-Naturtalent, könnte man sagen.

 

Wie tickt er und was macht ihn aus? Wie bereitet er sich vor und auf was achtet er bei seiner Ausrüstung? Wir haben Justinas nach seinem Sieg beim Seven Serpent interviewt.

 

 

 

Was hast Du beim Seven Serpents durchgemacht? Gibt es eine Anekdote, die Du jedem erzählst, der Dich danach fragt?

Ich sage immer: Die Leute sollten aufhören, Messer zu einem Schusswechsel mitzubringen. Was ich damit meine: ein Gravelbike ist bei einem Mountainbike-Rennen fehl am Platz. Das Terrain zu unterschätzen ist leider sehr verbreitet. Meiner Meinung nach führt dieser Fehler dazu, dass auch so viele Leute frühzeitig aussteigen müssen. Das diesjährige Seven Serpents war aber speziell wegen des Wetters verrückt. Ich habe meine Regensachen in den ersten 24 Stunden kein einziges Mal ausgezogen. Dafür hatte ich keinen Sonnenbrand dieses Mal. Meine Teilnahme war auch eine Art Testballon für die Tour Divide. Sozusagen mein längster Trainingsride in der Vorbereitung. Um das Equipment und meine Form zu checken, bevor ich mich an diese völlig neue Dimension wage (die Tour Divide geht über 4400 km und ist länger als alles, was Justinas vorher gemacht hat, siehe hierzu auch unseren Blog über Ulrich "Uba" Bartholmös).  

 

Wie bist Du zum Ultracycling gekommen? Welche Sportarten hast Du vorher getrieben?

Ich habe viele Jahre Fußball gespielt, aber schon als Kind hatte ich eine Menge Energie in mir, also ließ mich meine Mutter einfach alle Sportarten ausprobieren, die ich machen wollte. Es fing mit Leichtathletik an, dann waren es einige Jahre Schwimmen und Handball. Schließlich blieb ich eine ganze Weile beim Fußball hängen und spielte auch semi-professionell. Das Ultracycling kam während der Pandemie in meine Welt. Radfahren war ideal als Aktivität an der frischen Luft zwischen meinen Schichten als Pfleger. Im Urlaub und an freien Tagen war ich außerdem als Bikepacker unterwegs, weil es eine sehr schöne Möglichkeit war, mehr von Norwegen zu sehen, ohne die Abstandsregeln zu verletzen. Dann wollte ich irgendwann sehen, wie weit ich in 24 Stunden fahren kann. Also plante ich eine Route und fuhr los - 700 km schaffte ich. Nach dieser Leistung konnte der nächste Schritt nur die Teilnahme an einem Ultra-Rennen sein, und da stand ich plötzlich im Juni 2021 bei den Transpyrenees am Start, meinem ersten offiziellen Ultra-Rennen.

 

 

 

Wie bereitest Du Dich auf so ein Event vor? Oder: Kann man sich darauf überhaupt vorbereiten?

Ich glaube nicht, dass es dafür ein Patentrezept gibt. Keine Frage, natürlich muss man für solche Rennen fit sein. Und ich gebe zu, ich trainiere auch ziemlich viel. Letztes Jahr bin ich einschließlich der Rennen 1100 Stunden Fahrrad gefahren. Ein starker Verstand ist in dem Game aber auch sehr wichtig. Der Spruch eines Freundes von mir fasst das ganz gut zusammen: "Fang mit Deinen Beinen an, beende es mit Deinem Verstand".

 

Warum hast Du Dich für SUPERNOVA Beleuchtung entschieden? Was gefällt Dir besonders am B54, der DY PRO und dem Airstream?

Ich wollte zuverlässige und langlebige Beleuchtung - da war SUPERNOVA die perfekte Wahl! Denn: Je weniger man sich um sein Equipment sorgen muss, desto schneller kann man fahren ;-) Die AIRSTREAM ist einfach ein toller Allrounder. Sie nehme ich hauptsächlich für Straßenrennen, weil Ihr Abstrahlwinkel etwas fokussierter ist und sie sich "on the fly" laden lässt, was bei kaum einem anderen Scheinwerfer möglich ist. Den B54 Akkuscheinwerfer verbinde ich mit sehr breitem Licht und einer unglaublichen Akkulaufzeit von bis zu 50h. Die DY PRO ist sogar ein "ewiger" Lichtspender, wenn man so will. Wenn Du Dein Setup einmal fertig installiert hast, brauchst Du eigentlich nichts anderes mehr. Das ist ideal für die ultralangen Distanzen. 

 

Nochmal etwas spezifischer: Wann benutzt Du Akku-, wann Dynamobeleuchtung? 

Ich teile grob ein zwischen: Akku für Rennen und Dynamo für Touren. Allerdings muss ich diese Strategie immer wieder überdenken. Manche Rennen verlangen Dir deutlich mehr ab als andere, weil sie einfach megalang sind. So ein Rennen (die Tour Divide, Anm. SUPERNOVA) steht mir kurz bevor. Dafür ist Dynamolicht als "Rundum-Sorglos"-Lösung wahrscheinlich geeigneter. 

 

 

Welches Rennen willst Du noch gewinnen? Von welchen anderen Abenteuern träumst Du?

Oh, es gibt zu viele Rennen, die ich noch fahren könnte. Auch wenn es seltsam klingen mag, mir geht es gar nicht darum, das Rennen gegen die anderen Fahrer zu gewinnen. Ich schaue oft bis ganz am Schluss gar nicht auf den Tracker. Es geht eher darum, gegen mich selbst zu gewinnen und meine eigenen Grenzen auszuloten. Und um die Orte, an die mich solche Abenteuer bringen. Ich träume davon, eines Tages mit meinem Rad loszufahren und - zumindest für eine längere Zeit - nicht mehr zurückzukommen. Auf dem Fahrrad zu leben und damit die Welt zu erkunden. 

 

Eine Frage, die wir Justinas NACH der Tour Divide noch gestellt haben: Wie ist es Dir bei der Tour Divide ergangen? Was war in Sachen Ausrüstung besonders wichtig für Dich? 

Auf dieser Distanz muss man sich die Kräfte viel besser einteilen können und unempfindlich sein gegenüber Dingen, die einen zurückwerfen. Wenn Du von Problem zu Problem zu Problem kommst, ist das für die Moral nicht immer einfach. Am wichtigsten finde ich aber, bei allem so selbstständig wie möglich zu sein. Viele Dinge am Fahrrad, zum Beispiel die Gangschaltung, musst Du selbst reparieren können. Wenn Du eine elektrische Gangschaltung hast, ist das umso komplizierter. Bei mir fiel auf der Tour Divide das Schaltwerk aus. Ich musste per Anhalter in eine 100 km entfernte Stadt kommen, um dort eine Fahrradwerkstatt aufzusuchen. Danach musste ich zu Fuß wieder zurück zu dem Punkt, wo ich die Route gestoppt hatte. Das hat mich viel Zeit und meine frühe Führung gekostet. Genauso weißt Du nie, wann und wo Du das nächste Mal Deine elektrischen Geräte laden kannst. Unterwegs nach Lademöglichkeiten für Deine Beleuchtung zu suchen, ist mental eine zusätzliche Belastung. Die vermutlich größte Änderung an meinem Setup war daher die Nutzung von Dynamolicht mit der M99 DY PRO (anstatt wie bisher Akkubeleuchtung, Anm. SUPERNOVA). Jetzt, wo das Rennen vorbei ist, hätte ich mit meiner Wahl nicht glücklicher sein können. Das Licht war stark und es funktionierte immer, wenn ich es brauchte! 

Not-so-fun fact: Justinas fuhr die letzten 800 km der Tour Divide mit nur einem Pedal und hatte nur einem funktionierenden Gang. Er kam trotzdem noch als Zweiter ins Ziel.

 

 

 

Fotos: Nils Längner / Tobias Schürer

Interview & Text: Levin Sottru

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